Plattform

für eine zapatistische Weltreise in Österreich!
Die aufständischen Zapatistas aus dem Südosten Mexikos wollen die Welt umsegeln, um Widerstand und Selbstbestimmung auf dem ganzen Planeten zu verbreiten. Sie werden im Sommer dieses Jahres in Europa damit anfangen und diese Plattform unterstützt sie dabei nach Kräften...

8. märz

DIE, DIE NICHT DA SIND
 
Ihre Geschichten.
Ihre Freuden und ihre Traurigkeiten.
Ihre Schmerzen und ihre Wut.
Ihr Vergessen und ihre Erinnerungen.
Ihr Lachen und ihre Tränen.
Ihr Präsentsein und ihr Fehlen.
Ihre Herzen.
Ihre Hoffnungen.
Ihre Würde.

Ihre Kalender.
Die sie erfüllen konnten.
Die, die unvollständig blieben, und die wir ihnen schulden.

Ihre Schreie.
Ihr Schweigen.
Ja, vor allem ihr Schweigen.
Wer könnte sie nicht hören?
Wer könnte sich in ihnen nicht wieder erkennen?

Frauen, die kämpfen,
Ja, wir (Frauen).

Vor allem jedoch: Sie.
Die, die nicht da sind
und trotzdem bei uns sind.

Denn wir vergessen nicht.
Denn wir vergeben nicht:
Für sie und mit ihnen kämpfen wir.

Zapatistische indigene Frauen.
8. März 2021.

Wer weiß was?

Dezentrale Wissenswerkstatt

oder: »…die Notwendigkeit der Wissenschaft für den Kampf«*

Im Sommer 2021 wird eine Delegation von Zapatistas aus dem Südosten Mexikos zu einer Weltreise aufbrechen und zunächst Europa besuchen. »Ganz einfach deshalb,« sagen sie, »weil diese Welt nur möglich ist, wenn wir Alle gemeinsam kämpfen, um sie zu schaffen.« In ihrer Erklärung für das Leben machten die Aufständischen klar, worum es gehen soll: »Wir haben vereinbart Treffen, Gespräche, Austausch von Ideen, Erfahrungen, Analysen und Einschätzungen durchzuführen – zwischen uns, die wir uns von verschiedenen Vorstellungen und aus unterschiedlichen Territorien – für das Leben einsetzen.« 

Wir wollen diesem Austausch von Ideen, Erfahrungen, Analysen und Einschätzungen einen Rahmen geben, der das Potential hat, die Kritik der bestehenden Verhältnisse über die zapatistische Weltreise hinaus zu artikulieren, um die Konstruktion von einem Wissen über die Welt voranzubringen, das die Möglichkeiten zu ihrer Veränderung verstärkt. Dazu laden wir alle, jede, jedes und jeden herzlich ein, sich über die drängenden Probleme der Gegenwart zu verständigen, und in selbstbestimmten Formen an der Erprobung von Lösungen mitzuwirken. Kontakt: zapatouraustria@gmail.com

Zapatistische Volksschule in Oventic, Chiapas Mx.
* »Ohne Wissenschaft,« schreibt SupGaleano, »würden wir spontan das hernehmen, was wir gerade zur Hand haben, um uns mit einer Erklärung, das heißt, einem Trost, abzuspeisen.« SupGaleano: Die Genealogie des Verbechens, in: EZLN, Das kritische Denken angesichts der kapitalistischen Hydra. Beiträge von EZLN-Aktivist*innen zur Theorie und Praxis der zapatistischen Bewegung. Münster: Unrast Verlag 2016, S. 237-256, hier S. 247.

Die Um-Drehung des Katun

Die Zapatistas stechen für ein Treffen 
mit dem 'Anderen' Europa in See

von Lola Cubells, 12. Jänner 2021

Ja klar, natürlich habe ich es verstanden, dass wir alle elendiglich sterben werden (…) Aber wir werden dafür sorgen, dass es sich lohnt
Esperanza Zapatista

Während wir uns noch von dem durch die Pandemie verursachten Schock erholten, begannen die Zapatistas im Oktober 2020 mit einer sechsteiligen Kommuniqué-Serie. Sie begannen beim Letzten (Sechster Teil) und schlossen mit dem ersten Teil ab, der am 1.1. veröffentlicht wurde, am 27. Jahrestag der zapatistischen Erhebung. In diesen Kommuniqués teilen sie mit, dass sie in die fünf Kontinente navigieren werden. Der Anfang wird in Europa gemacht, um sich mit anderen Saaten, die für das Leben kämpfen zu treffen. Der 'sechste' Teil mit dem Titel 'Ein Berg auf hoher See', schenkt uns ein Röntgenbild des Aufpralls der Pandemie auf unsere Leben und unsere Körper. Dieses Kommuniqué hinterließ viele Fragezeichen und als einzige Gewissheit zwei Datumsangaben: sie werden im April 2021 in See stechen und nach dem Besuch verschiedener Orte des Europa VON UNTEN UND LINKS am 13. August 2021 in Madrid eintreffen.

Who is Samir Flores?

 In February 2019, journalist and environmental activist Samir Flores was shot twice in the head at his home in Amilcingo, an indigenous village in Morelos, Mexico. His murderers still go unidentified.

see more at samirvive.art

Was wir wissen (6)

Halten wir zusammenfassend fest, was wir bisher wissen:

Die Zapatistas wollen
- in den Monaten Juli, August, September und Oktober 2021 nach Europa
kommen.
- am 13. August 2021 in Madrid eintreffen und danach den Weg fortsetzen.
- mit 120 Zapatistas nach Europa kommen, in der Mehrzahl Frauen, begleitet von 40 Leuten aus dem CNI und der Frente de los Pueblos
Um "Treffen, Gespräche, Austausch von Ideen, Erfahrungen, Analysen und
Einschätzungen durchzuführen..."

Die Zapas werden
- begleitet von Delegierten des Regierungsrats des Indigenen
Nationalkongresses (CNI-CIG)
- und von Leuten aus der Front für die Verteidigung von Wasser und Land in
Morelos, Puebla und Tlaxcala (Frente de Pueblos en Defensa del Agua y de la
Tierra de Morelos, Puebla y Tlaxcala).

Erster Teil: Eine Erklärung ... für das Leben

Erster Januar 2021.

AN DIE PUEBLOS, DIE VÖLKER DER WELT.
AN DIE MENSCHEN, DIE IN DEN FÜNF KONTINENTEN KÄMPFEN.

 GESCHWISTER UND COMPAÑER@S,

Während dieser letzten Monate haben wir mit unterschiedlichen Mitteln den Kontakt zueinander hergestellt. Wir sind Frauen, Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Transvestiten, Transsexuelle, Intersexuelle, Queers und mehr, Männer, Gruppen, Kollektive, Vereinigungen, Organisationen, soziale Bewegungen, Pueblos originarios/ursprüngliche Völker, Stadtteil-Zusammenschlüsse, Gemeinden und ein langes Etcetera, das uns Identität gibt.

Uns unterscheiden und uns entfernen von einander: Erden, Himmel, Berge, Täler, Steppen, Dschungel, Wüsten, Ozeane, Seen, Flüsse, Bäche, Lagunen, Ethnien, Kulturen, Sprachen, Geschichten, Alter, Geographien, sexuelle Identitäten und Nicht-Identitäten, Wurzeln, Grenzen, Organisierungsformen, soziale Klassen, Kaufkraft, gesellschaftliche Stellung, Ruhm, Popularität, followers, likes, Währungen, Schulbildung, Art und Weisen zu sein, Arbeiten, Stärken, Schwächen, die Pro, Contra, Aber, Trotzdem – Rivalitäten, Feindschaften, Konzeptionen, Argumentationen, Gegenargumentationen, Debatten, Streitigkeiten, Anzeigen, Beschuldigungen, Verachtungen, Phobien, Vorlieben, Lobpreisungen, Ablehnungen, Pfeifkonzerte, Applaudieren, Gottheiten, Dämonen, Dogmen, Ketzereien, Gefallen, Missfallen, Modi – und ein langes Etcetera, das uns unterschiedlich macht und – nicht selten – gegensätzlich.

Was wir wissen (5)

Am 1. Jänner 2021 kommt es zu einer Erklärung der EZLN „... für das Leben“,
die sich "an die Pueblos der Welt" und "and die Menschen, die in den fünf
Kontinenten kämpfen richten. Hier wird festgestellt, dass
-          wir alle höchst unterschiedlich sind...
-          uns alles mögliche voneinander trennt, und
-          uns nur „sehr wenige Dinge“ vereinen.

zu diesem Wenigen  gehört,
-          dass „wir uns die Schmerzen der Erde zu eigen machen“
-          dass wir uns darüber *verständigen*, dass der Kapitalismus für
diese Schmerzen verantwortlich ist
-          das Wissen, dass „es nicht möglich ist, dieses System zu
reformieren“
-          „die Verpflichtung: Zu kämpfen, überall und jederzeit“
-          „Die Gewissheit: Der Kampf für die Menschheit ist weltweit.“
-          „Die Überzeugung: Es sind viele Welten, die auf der Welt leben
und kämpfen,“ und schließlich
-          „Die Erkenntnis,“ dass„das Hören und Sehen des Anderen“ uns voranbringt.

Zweiter Teil: DAS WIRTSHAUS

 Der Kalender? Der aktuelle. Die Geographie? Irgendein Winkel in dieser Welt.

Sie wissen nicht so recht, warum – jedoch laufen Sie an der Hand eines kleines Mädchens. Dieses ist kurz davor zu fragen, wo es denn wohl hingehe – als sie zusammen vor einem großen Wirtshaus stehen. Eine enorme Leuchtreklame, wie die eines Kinos, besagt: »DIE GESCHICHTE IN GROßSCHRIFT – Wirtshaus-Bar«. Weiter unten steht: »Kein Zugang für Frauen, Kinder, Indigene, Arbeitslose, AnderE, Alte, Migrant*innen und anderes Gesindel.« Irgendeine weiße Hand hat hinzugefügt:  »In this place, Black Lives does no matter.«  Eine weitere – männliche – Hand schloss sich an: »Frauen können eintreten, falls sie sich wie Männer benehmen.« Beidseits des Wirtshauses stapeln sich die Leichen von Frauen jeglichen Alters – ihrer zerfetzten Kleidung nach: aus allen sozialen Klassen. Sie bleiben stehen und resignierend auch das Mädchen. Beide lugen Sie durch die Tür und sehen ein Durcheinander an Männern und Frauen mit männlichem Gehabe. Auf der Theke, dem Schanktisch schwingt ein Kerl einen Basketball-Schläger und droht damit nach rechts und nach links. Die Menge ist klar geschieden: Auf der einen Seite befinden sich die Applaudierenden, auf der anderen Seite diejenigen, die pfeifen und buhen. Alle sind wie betrunken: der zornige Blick, der Speichel, der über ihr Kinn rinnt, der hochrote Kopf.

DRITTER TEIL: DER AUFTRAG

Davon wie Defensa Zapatista versucht, Esperanza den Auftrag des Zapatismus zu erklären und andere geglückte Argumentationen.

»Nun gut, somit werde ich dir etwas sehr wichtiges erklären. Aber du kannst keine Notizen machen, denn ich möchte, dass du es in deinem Kopf bewahrst. Das Notizheft lässt du eh nur irgendwo herumliegen, deinen Kopf jedoch musst du ständig mit dir herumtragen.«

Defensa Zapatista bewegt sich von einer Seite zur anderen, so wie es – wie gesagt wird – der verstorbene SupMarcos tat, wenn er etwas sehr wichtiges erklärte. Esperanza sitzt unterdessen auf einem Baumstamm und vorausschauend hat sie ein Stück Plane über das feuchte Holz voller Moose, Pilze und Reisigstückchen gelegt.

»Werden wir möglicherweise den Ort schauen, an den wir mit unserem Kampf gelangen?«, gibt Defensa Zapatista von sich und zeigt mit ihren kleinen Händen in eine unbestimmte Richtung.

Was wir wissen (4)

Der Auftrag / Das Wirtshaus

Zu Weihnachten setzt SubGaleano seine Erzählung fort und lässt Defensa
Zapatista, ein 9-jähriges Mädchen, überlegen:

»Wenn wir bereits wissen, wo wir gehen wollen, heißt das, wir wissen
bereits, wo wir nicht gehen wollen. Somit werden wir uns mit jedem Schritt
von einigen Orten entfernen und uns anderen nähern. Wir sind noch nicht
angekommen, doch der Weg, den wir machen, wird uns bereits für das Ziel
prägen. Wenn wir Tamales essen wollen, werden wir wohl keinen Kürbis säen.«
http://enlacezapatista.ezln.org.mx/2020/12/24/dritter-teil-der-auftrag/

Vierter Teil: ERINNERUNG AN DAS, WAS KOMMEN WIRD

Oktober 2020.

Vor 35 Oktober.

Der Alte Antonio betrachtet das Lagerfeuer, das dem Regen widersteht. Unter seinem tropfenden Strohhut zündet er seine aus Maisblättern gedreht Zigarette mit einem kokelnden Holzscheit an.

Das Feuer brennt weiter, manchmal versteckt es sich jedoch unter den Scheiten. Der Wind hilft. Mit einer Brise belebt er die Glut der Äste, die mit einem heftigen Rot erneut entflammen.

Was wir wissen (3)

Erinnerung an das, was kommen wird

Am 18. Oktober nimmt der SubGaleano seine Überlegungen zur kommenden
Weltreise wieder auf und lässt aus dem Mund des Alten Antonio die Mutter
Erde sprechen:

»Die Einen gehen jetzt los, um den Invasoren zu verspotten. Die Anderen
rufen die Geschwister herbei. Dass Euch nicht die Gewässer schrecken mögen,
noch Kälte oder Hitze entmutigen. Eröffnet Wege, wo es bisher keine gab.
Überwindet Flüsse und Meere. Überquert die Gebirge. Fliegt mit Regen und
Wolken. Seid Nacht. Seid Tag. Von der Morgendämmerung geht aus und
alarmiert Alle. Denn ich habe viele Namen und viele Farben, aber einig ist
mein Herz und mein Tod wäre der Tod von allem.«

Fünfter Teil: DER BLICK UND DIE DISTANZ ZUR TÜR

Oktober 2020.

Nehmen wir mal an, es ist beispielsweise möglich, den Blick zu wählen. Nehmen wir einmal an, Sie  könnten sich, und wenn es nur für einen Moment ist, von der Tyrannei der Sozialen Netzwerke freimachen – die nicht nur bestimmen, was gesehen wird und von was gesprochen wird, sondern auch auf welche Weise gesehen und gesprochen wird. Nehmen wir somit an, Sie würden Ihren Blick heben. Weiter nach oben: vom Nächstgelegenen zum Lokalen, Regionalen bis hin zum Landes- und Weltweiten. Sehen Sie es? Ja, sicherlich: ein Chaos, ein Wirrwarr, ein Durcheinander.

Was wir wissen (2)

Der Blick und die Distanz

Am 10 Oktober beginnt der SubGaleano (die zapatistische Wiederauferstehung
des verstorben SubMarcos) mit einer ganzen Reihe von Überlegungen im
Hinblick auf mögliche Beweggründe und Möglichkeiten der künftigen Weltreise:

-  „Wenn Sie in jeden Winkel dieses sterbenden Planeten gehen könnten, was
würden Sie tun? Nun gut, wir wissen es nicht. Jedoch wir – zapatische
Frauen, Männer, AnderE – würden gehen, um zu lernen. Ja klar, auch um zu
tanzen; aber ich glaube, eine Sache schließt nicht die andere aus.“

SECHSTER TEIL: EIN BERG AUF HOHER SEE

KOMMUNIQUÉ DES GEHEIMEN REVOLUTIONÄREN INDIGENEN KOMITEES – GENERALKOMMANDANTUR DER ZAPATISTISCHEN ARMEE DER NATIONALEN BEFREIUNG

MEXIKO

5 Oktober 2020

An den Nationalen Indigenen Kongress – Indigener Regierungsrat
An die Nationale und Internationale Sexta
An die Netzwerke des Widerstandes und der Rebellion
An die ehrlichen Menschen, die an allen Ecken und Enden des Planten widerstehen

Schwester, Bruder,  hermanoas,
Compañeras, compañeros y compañeroas:

Die Originalvölker mit Mayawurzeln und ZapatistInnen grüßen Euch und wir werden Euch unser gemeinsame Gedanken darlegen, in Anbetracht dessen was wir sehen, hören und fühlen.

Erstens: wir erblicken und hören eine Welt, deren soziales Leben krank ist, zersplittert in Millionen von Personen die sich fremd sind, krampfhaft um das individuelle Überleben bemüht, aber vereint unter der Unterdrückung eines Systems, welches zu allem bereit ist um seinen Durst nach Gewinn zu stillen, obwohl klar ist, dass dieser Weg der Existenz des Planeten Erde zuwiderläuft.

Was wir wissen (1)

 Ein Berg auf hoher See

Am 5 Oktober 2020 informiert der Subcomandante Moises "die Netzwerke des
Widerstandes und der Rebellion"
und "die ehrlichen Menschen, die an allen
Ecken und Enden des Planten widerstehen"
darüber, dass die Zapatistas u.a.
folgendes entschieden haben:

Unterzeichner*innen/Firmantes/Signatories

Grecia
Alto a la Guerra contra l@s Inmigrantes
Acción Alternativa para la Calidad de Vida
Acción contra la Regeneración y Gentrificación (AARG!)
Adespotos Athinon: equipo deportivo autogestionado y sin dueño (déspota) de la ciudad de Atenas
Agrupación Ciudadana Autónoma de Icaria
Alterthess, medio alternativo
ΑMOQA Museo de Artes Queer de la ciudad de Atenas
Apoyamos a la Tierra